Familienleben anders – zwischen Homeschooling und Homeoffice

Unser Leben in der Corona-Krise (Covid-19) und die Stimmung nach der ersten Woche zu Hause.

Mir geht es gut und es ist lustig. Manchmal auch langweilig, weil ich nicht weiß, was ich machen soll. Ich habe aber Spaß.
Das Lernen zu Hause ist toll. Es ist anders, weil in der Schule mehr Kinder sind. Ich lerne vormittags und nachmittags, meistens aber am Vormittag. Am Nachmittag spiele ich mit meinem Bruder oder unserem Nachbarn Paul und gehe raus in den Garten. (Anmerkung: wir wohnen in einem Einfamilienhaus, das aus 3 Wohnungen besteht und haben zusammen einen Garten). Angst vor dem Virus habe ich keine.

Kaia, 9 Jahre

Mir geht es super!! Mir gefällt es, dass ich zu Hause rumsitzen kann. Um 9 Uhr beginnt die Schule bei uns im Wohnzimmer. Ich vermisse meine Klasse ein bisschen, aber nicht so sehr.
Ich gehe gerne raus in den Garten und spiele mit meiner Schwester und Paul, der unter uns wohnt.

Yona, 6 Jahre

Unser Leben wurde von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Die Schulen wurden geschlossen, Ausgangsbeschränkungen eingeführt und auf einmal war vieles anders.
Seit einer Woche betreue ich meine eigenen zwei Kinder zu Hause und mache Homeschooling. Gleichzeitig halte ich virtuell Kontakt mit den SchülerInnen und Eltern. Dieser Switch von Unterricht in der Klasse und von zu Hause aus agieren, ist nicht einfach. Ich habe mich selbst sehr unter Druck gesetzt und konnte nicht abschalten.
Es ist für mich gerade ein großer Lernprozess und ich arbeite eigene Ängste und Sorgen auf. Ich lerne loszulassen, Grenzen zu setzen und Kontrolle abzugeben. Fällt mir anscheinend immer wieder schwer.
Diese Woche hatten wir unser erstes Videomeeting mit meiner Klasse. Es war schön, viele Kindergesichter wiederzusehen und einen virtuellen Gesprächsraum aufzumachen. Dieser neue Raum birgt Chancen. Damit mich meine Klassenkinder jeden Tag sehen, nehme ich für sie Yogavideos auf. Mir ist wichtig, dass die Familien auch entschleunigen.
Neben den neuen Herausforderungen von zu Hause aus zu betreuen und zu arbeiten, haben wir das Glück am Stadtrand zu wohnen. Bach und Wald sind um die Ecke. Wir wohnen in einem Einfamilienhaus, das aus 3 Wohnungen besteht und haben einen Gemeinschaftsgarten.
Ich agiere achtsamer in der Natur, bewundere Blumen und Brennesseln, die gerade wachsen. Wir haben schon Veilchenmarmelade und Brennesselspinat gemacht. Meine Oma hat mir als Kind zu Frühlingsbeginn immer einen gemacht. Schmeckt wunderbar!
Ich sehe das Ganze als Chance unser Werte neu zu überdenken und zu entschleunigen. Achtsamer werden mit uns selber (was tut mir gut) und gegenüber anderen und Mutter Natur.

Martina, 40 Jahre

Wie wahrscheinlich für fast alle von uns, war auch für mich die Zeit seit 1.3.2020 eine emotionale Achterbahnfahrt. Das Motto des Monats (und sicherlich auch der kommenden paar Monate) lautet „Haltet die Kurve flach“.

Die Kurve ist leider noch zu steil

Von 3. bis 5. März war ich Beisitzender in der Wahlkommission für die Wirtschaftskammerwahl. Covid-19 war bereits Thema in den Medien und meine Kollegen und ich wurden gebeten, Körperkontakt (Händeschütteln) zu vermeiden und uns regelmäßig die Hände zu waschen. Zu acht saßen wir zusammen im Wahllokal und informierten uns laufend über die Situation – vor allem in China und Italien. In Österreich gab es bis dahin ja noch sehr wenige Erkrankte. Eine Wahlbeobachterin versorgte uns drei Tage lang mit den wildesten Verschwörungstheorien. „Das ist eine Biowaffe“, „Das wurde im Auftrag von Bill Gates entwickelt, um die Weltbevölkerung zu dezimieren“, „Die Pharmaindustrie steckt dahinter“ und so weiter. Quelle ihrer (Des)information war Facebook, weil „die Medien sind ja alle gekauft. Denen kannst nix glauben!“. Alles klar?

Seit 16.3. (wir haben eigentlich schon am 14.3. damit gestartet) versuchen wir die Zahl unserer zwischenmenschlichen Kontakte so gering als möglich zu halten. Bis zum 13.3. habe ich mir eingeredet, dass die Situation für mich sicher kein Problem darstellen wird. Ja, so kannst du dich irren lieber Hans Peter.

Für mich und meine Familie ist die Krankheit laut den Ärzten nicht sehr bedrohlich. Trotzdem fühle ich eine diffuse Angst und Beklemmung. Martinas Oma ist schon über 80 und ihr geht es körperlich schon seit einiger Zeit nicht gut. Für sie wäre es schrecklich, sich anzustecken. Aber auch unsere Eltern zählen zur Risikogruppe.

Ich habe das Gefühl, da liegt eine kollektive Angst auf uns allen (eigentlich der ganzen Welt). Angst um die Gesundheit, um die Familie, um Freunde, vor zu wenig Klopapier 😊 – aber auch um Geld. Viele bangen um ihre Jobs/Unternehmen bzw. haben sie bereits verloren. Der Staat (= wir alle) hilft den Arbeitnehmern und Unternehmen (= wir alle) mit enormen Summen um Unternehmenspleiten und Massenarbeitslosigkeit zu verhindern. Das ist gut so. Und hier liegt ein weiterer Grund für meine Beklemmungen: ich hoffe, dass alles wieder so wird wie vor der Krise. Aber ich hoffe auch, dass es nicht mehr so wird wie vor der Krise. Die ganze Welt ist von dieser Krise betroffen. Jetzt besteht die unglaubliche Chance zum Wohle der Vielen Änderungen von globalem Ausmaß vorzunehmen, denn wir können es ja der Krise in die Schuhe schieben. Das wäre gut.

Hans Peter, 41 Jahre